Background Image

Heftarchiv – Themen und Debatten

Zur Lage der Zeitschriften in Europa

1999, zum fünfzigsten Geburtstag von SINN UND FORM, betonte Gustav Seibt: »Dadurch, daß die Akademie der Künste nach 1989 bereit war, die Zeitschrift weiterzuführen, hat sie einen bedeutenden Beitrag zur geistigen Freiheit in Deutschland geleistet. Redaktion und Leser müssen ihn nutzen.« Literatur- und Kulturzeitschriften sind Orte des Austauschs, der Neugierde, der Entdeckungen. Für ihre Leser sind sie oft lebenslange Begleiter, an denen man sich orientiert, die man verlassen, zu denen man aber auch zurückkehren kann. Wichtig ist, daß sie da sind. Welche Rolle sie im öffentlichen Leben und in der intellektuellen Verständigung spielen, merkt man oft erst, wenn sie nicht mehr da sind. Grund genug, unter den aktuellen Umständen nach der Lage der Zeitschriften in Europa zu fragen. Wir haben Autorinnen und Autoren gebeten, uns ihre Sicht auf die Situation der Periodika in ihren Ländern zu schildern, auf Trends, Entwicklungen, Verluste hinzuweisen. An dieser Stelle wollen wir Sie in den kommenden Wochen in unregelmäßigen Abständen darüber informieren, wie es um diese Beiträge zur »geistigen Freiheit« bestellt ist.

OLGA PAVLOVA
LITERATURZEITSCHRIFTEN IN TSCHECHIEN
gesamter Text als pdf

MARIA TERESA CARBONE
ATEMLOSE GESPRÄCHE DER UNHAPPY FEW

Zur Lage italienischer Literaturzeitschriften
gesamter Text als pdf

DÉNES KRUSOVSZKY    
ZEITSCHRIFTENKULTUR IM FLEISCHWOLF

Panik, Hoffnung und staatliches Mäzenatentum auf dem Markt der ungarischen Literaturzeitschriften
gesamter Text als pdf

SIEGLINDE GEISEL
MARKT UND MÄZENE
Kulturzeitschriften in der Deutschschweiz
gesamter Text als pdf


ANDREA ZEDERBAUER
KULTURPOLITIK ALS KORREKTUR
Ein bescheidener Vorschlag aus Österreich
gesamter Text als pdf

RON MIECZKOWSKI
EIN FUNDUS AN MÖGLICHKEITEN

Literaturzeitschriften in Polen
gesamter Text als pdf

MARC SAGNOL
ÜBER DIE VERKÜMMERUNG DES ZEITSCHRIFTENLEBENS IN FRANKREICH
Aus Anlaß der Attacke auf »Sinn und Form«
gesamter Text als pdf


Leseproben aller Texte auf einer Bildschirmseite:

weiter...



Ukraine, Bücher, Landschaften

JURKO PROCHASKO Mein Fenster zur Welt. Dankrede für den Friedrich-Gundolf-Preis
Als der ukrainische Schriftsteller und Übersetzer Jurko Prochasko den Friedrich-Gundolf-Preis für die Vermittlung deutscher Kultur im Ausland erhielt, erzählte er in seiner in Heft 4/2008 abgedruckten Dankrede, wie sein Bild der Welt und damit das Europa seiner Kindheit aus der Lektüre von Büchern entstand. Bücher, die seine Großeltern aus Deutschland und Österreich nach Galizien mitgebracht hatten: »(...)«
4/2008
| zum Text


MARC Sagnol Galizische Erkundungen. Sambor, Stryj, Bolechów
Die alte Kulturlandschaft Galizien im Westen der Ukraine besuchte auch der französische Autor Marc Sagnol, der hier nach Zeugnissen des Zusammenlebens unterschiedlicher Völker und der geschichtlichen Verwerfungen suchte. In seinen »Galizischen Erkundungen« in Heft 1/2020 berichtete er von seinen Besuchen in Stryj, in Bolechów und in Sambor: »(...)«
1/2020 | zum Text


FRITZ MIERAU Koktebel - Blaues Siegel oder Erfindung einer Landschaft
Auf der Halbinsel Krim machte sich Fritz Mierau noch zu Zeiten der Sowjetunion auf die Suche nach der von dem russischen Maler und Dichter Maximilian Woloschin entdeckten Gegend der Sonne und des Lichts und erinnerte sich daran unter dem Titel »Koktebel – Blaues Siegel oder Erfindung einer Landschaft« in Heft 5/2009: »(...)«
5/2009 | zum Text

weiter...



Über Katastrophen schreiben

CLAUDIA SCHMÖLDERS Der Meteorit von Tunguska. Zur Geschichte des Katastrophismus
»Alle sprachen von Hitze, Donner und einer Druckwelle, einem leuchtenden Objekt und großer anhaltender Helligkeit. Strittig blieb der Verlauf der Flugbahn des leuchtenden Objekts. Die einen hatten es von Südost nach Nordwest fliegen sehen, die andern eher von Süden nach Norden oder Nordost. Bis heute widersprechen die Berichte einander und demzufolge auch die Deutungen der Wissenschaft.«
1/2009
| zum Text


ANNE DORN Verlust
»Und dann der Druck meines Zeigefingers der linken Hand auf den Startknopf des kleinen Radios mit Standardeinstellung WDR III.
›Nachrichten. Es ist fünfzehn Uhr. Soeben ist das Historische Archiv der Stadt Köln in sich zusammengestürzt.‹«
6/2010 | zum Text


CÉCILE WAJSBROT Über Katastrophen schreiben
»Und jene, fast hätte ich gesagt, Ur-Katastrophe, was sie chronologisch gesehen gar nicht ist, die man auf den Begriff Auschwitz bringen kann. Doch dieser Name wirft einen zu großen Schatten, verbreitet die schwarze Aura des Grauens und verdammt zum Schweigen, zu wirren, ungreifbaren, widersprüchlichen Gedanken; dafür gibt es keinen Maßstab, keinen Vergleich; Adornos aus dem Zusammenhang gerissener, tabugespickter Satz von der Unmöglichkeit, nach Auschwitz Gedichte zu schreiben, wo doch zur selben Zeit Paul Celan schrieb. Doch darüber wurde schon so viel gesagt, daß ich die Sache anders angehen möchte, wenn man ihr schon nicht ausweichen kann. Hat Imre Kertész nicht geschrieben, auch wenn ich nicht von Auschwitz spreche, spreche ich von Auschwitz?«
1/2013 | zum Text

weiter...



Amerika

MARK HARMAN Wie Kafka sich Amerika vorstellte
Wie Kafkas Tagebücher und Briefe bezeugen, erwuchs seine Faszination für Amerika aus dem Gefühl, eingesperrt oder im inneren Exil zu sein. Seine Geburtsstadt Prag, von der er sagte: »Dieses Mütterchen hat Krallen«, war ihm nie »Heimat«. Am 20. August 1911 schreibt er von dem Wunsch, sich »in alle Weltrichtungen auszubreiten«. Dieser Drang, sich von Prag loszureißen, und sei es auch nur in der Phantasie, hat ihn nie verlassen.
6/2008
| zum Text


JULIA HARTWIG

WIE DEN ORT EHREN
Ein Schriftzug markiert die hier verlaufende Wasserscheide
zwischen Pazifik und Atlantik
Ein Fluß der in dieser Gegend entspringt
muß sich gut überlegen
welchem der beiden Ozeane er angehören will
zu welcher Mutter er sich bekennt
in wessen Schlund er für immer verschwinden
und seinen Namen verlieren will
(...)
2/2014 | zum Text


CLAUS LEGGEWIE Auf den Spuren Wolfgang Koeppens in Washington
Was für ein Eröffnungssatz! Der sich dann im gleichbleibenden Stakkato über zwei weitere Seiten erstreckt und, noch ganz unter dem Eindruck eines amerikanisch besetzten und beglückten Landes, den Bericht von einer Reise durch das Land der »Weltherrschaftsaspiranten« und des »guten Gelds des Marshallplans« einleitet. Liest man Wolfgang Koeppens »Amerikafahrt« von 1959 heute wieder, bekommt man ein Bewußtsein für den Anfang und das Ende des Vorbilds, das »Amerika« nicht nur in unseren Breiten darstellte.
1/2020 | zum Text

weiter...



Briefe

OSCAR LEVY Die Exkommunizierung Adolf Hitlers. Ein Offener Brief
Mein Führer,
es wird Sie erschüttern, bis ins Mark erschüttern, daß jemand, der noch nicht einmal deutscher Staatsbürger ist oder sich rühmen kann, einen Tropfen Ihres edlen arischen Blutes in seinen Adern zu haben, Sie in dieser Weise anredet.
(...)

Doch gehen müssen Sie!
Mein Führer, darf ich Sie zur Tür geleiten?
Paris, 21. Juni 1938

3/2007 | zum Text


JORGE EDWARDS Das Zeitalter der Briefe und andere Betrachtungen
Die Kommunikation zwischen den Schriftstellern unserer Sprache war, wie wir bei einem literarischen Treffen feststellten, in den Sechzigern und Anfang der Siebziger viel besser als jetzt. Weshalb? Einer von mehreren Gründen liegt darin, daß es ergiebiger war, Briefe zu schreiben, als bloß zu telefonieren, zu mailen und was der Neuheiten mehr sind.
4/2006 | zum Text


ILSE KOBÁN Warten darauf, daß es wieder Leben wird. Zum Briefwechsel Carl Ebert und Gertie Ebert
»So berühmt sind wir ja nicht, daß unsere Briefe einmal veröffentlicht werden u. wer sie sonst etwa findet, der soll ruhig daraus ersehen können, daß wir uns ganz u. vorbehaltlos mit Körper und Seele liebten, davon nichts dominierte, aber auch nichts in einer verlogenen und verbogenen Bürgermoral zurückgesetzt wurde«, schreibt Carl Ebert 1935 an seine Frau Gertie. Und ebendies wird der Leser aus den hier abgedruckten Briefen ersehen, und er wird Einblick erhalten in die Lebensumstände und existentiellen Nöte eines emigrierten deutschen Künstlers und seiner Familie nach 1933.
5/2008 | zum Text

weiter...



Der Traum vom Fliegen

VIRGINIA WOOLF Im Flug über London
Das Nichts wurde auf uns herabgegossen wie ein Haufen weißen Sandes. Dann, als ob irgendein Teil von uns seine Schwere beibehielte, fielen wir hinunter in Vliesähnliches, Gegenständliches, und Farbe; alle Farben zerstampfter Pflaumen und Delphine und Tücher und Meere und Regenwolken prallten zusammen, fleckten – purpurn, schwarz, stählern, all diese ganze sanfte Reife siedete um uns, und das Auge fühlte, wie ein Fisch fühlt, wenn er vom Felsen in die Tiefen des Meeres gleitet.
Eine Zeitlang waren wir in die Wolken eingewickelt. Dann erschien die Märchen-Erde, die weit, weit unten lag, eine bloße Scheibe oder Messerklinge von fließender Farbe. Sie stieg mit rasender Geschwindigkeit zu uns auf, sich verbreiternd und verlängernd;
1/2014
| zum Text


HEINRICH HAUSER Die schlechten Mädchen von Hamburg. Texte aus dem Nachlaß
IKARUS, IKARUS!
(...)
Als ich ein Junge war, mein Junge
Träumten wir vom Fliegen
Nicht wie du heute von fliegenden Güterwagen und Ozeanriesen mit Flügeln
Die mit der brutalen Kraft zahlloser PS die Räume durchmessen
Sondern davon, ganz leicht zu sein, wie Bambus und Aluminium
Und gleichzeitig sehr stark, wie die Flügelmuskeln der Vögel
Damit wir fliegen könnten – wie Vögel.
1/2012 | zum Text


ROGER CAILLOIS Katechismus und Almanach. Über Saint-Exupéry
Saint-Exupéry überträgt und verlängert offenbar mehr als andere diese komplementären Bildungsgüter Katechismus und Almanach ins Erwachsenenleben und baut darauf auf: Er wird Pilot; er kann in stummer Nacht die Sprache der Sterne entziffern; er repariert Motoren, arbeitet an der Verbesserung eines Querruders, eines Landesystems, eines Geräts zur Aufzeichnung von Funkpeilungen, erwirbt Patente, stellt komplizierte Gleichungen auf, schreibt seitenweise Zahlen auf, um rein theoretische Probleme zu lösen, erfindet Kartentricks. Nebenbei verfaßt er moralische Traktate. In dieses Genre gehören alle seine Bücher, wie unterschiedlich sie auch sind(.)
3/2010
| zum Text

weiter...



Trost des Widerspruchs - Aphorismen und Aufzeichnungen

BASTIAN REINERT Die Wahrheit liegt im Zerfall. Aphorismen

Am freiesten sind wir in unseren Widersprüchen.

Du mußt mit den Ohren staunen!

Was uns so gleich macht, ist, daß wir uns so gerne voneinander unterscheiden wollen.

3/2019 | zum Text


ALEXANDER EILERS Kiesel. Aphorismen

Dem Spiegelbild das Ich anbieten.

Beim Rückzug steht einem die Gefolgschaft im Wege.

Die Kreativen ahmen die Schöpferischen nach.

1/2020 | zum Text


JOSEPH JOUBERT "Ich glätte nicht meine Sätze, sondern meine Gedanken". Aus den Notizbüchern

Man sollte, was man fühlt, erst nach einer langen Erholung der Seele schreiben: Man muß nicht ausdrücken, wie man sich fühlt, sondern wie man sich erinnert. Ich werde sagen, warum.

Korrekt ist man nur, indem man korrigiert.

Durch die Erinnerung erhebt man sich gegen die Zeit, durch das Vergessen folgt man ihrem Gang.

4/2016
| zum Text

weiter...



Vom Alter

HANNELORE SCHLAFFER Der jugendliche Greis. Das Reden über Alter und Altern
Jugendlichkeit  aber war zu allen Zeiten der Traum der Alten gewesen, nur haben sie sich dies nicht eingestanden. Im zweitausendjährigen Diskurs über das Alter ist immer nur von dessen Vorzügen die Rede: von seiner Würde, seiner Weisheit, seiner philosophischen Gelassenheit. Bei genauem Hinsehen jedoch stellt sich heraus, daß diese Auszeichnungen nichts sind als Stilisierungen, mit denen die Alten versuchten, sich gegen die Jugend zu behaupten. Bis ins 18. Jahrhundert hat man sich solcher Selbstdarstellung befleißigt.
5/2001 | zum Text


JOCHEN RACK Gespräch mit ODO MARQUARD. Über das Alter (2004)
MARQUARD: Ich sage jetzt mal was Provozierendes. Natürlich hat ein Schlaganfall, den man einigermaßen heil übersteht, auch sein Gutes: (...)
5/2010 | zum Text


NATASCHA WODIN Das Ausland des Alters
So also begann es, dachte sie. Es kam nicht nach und nach, wie man sich das vorstellte, sondern ganz plötzlich, mit einem Ruck, nachts, während man schlief. In einem einzigen Augenblick bildete sich im abgenutzten Körper ein Riß, ein Leck, durch das die Kraft auszulaufen begann. Und wenn man aufwachte, war man alt geworden, ohne zu begreifen, was einem geschehen war.
6/2011 | zum Text

weiter...



Krieg und Frieden

CHRISTOPH MECKEL Russische Zone
Die letzten Tage des Kriegs und die ersten des Nachkriegs glichen einander grau in grau. Für das Wort Frieden war die Zeit zu früh, ich hatte es öfter im Krieg als danach gehört. Viel helle, harte Courage schien nötig, ein Weiterleben für menschenmöglich zu halten. Zukunft, das Wort war mager geworden wie die, die es riefen, es war in ihm kein Jubel und keine Gewißheit, es irrte herum ohne Zuständigkeit, alt geworden, kaputt wie alles und jeder, es war eine Last.
3/2011 | zum Text


GÜNTER EICH Das Wolburg-Fragment (1945). Mit einer Vorbemerkung von Axel Vieregg
Es ist – jenseits aller Kollektivschuld und Kollektivscham – auch die Frage nach dem, was Eich als seine eigene Schuld und Scham empfand. Denn nur vordergründig geht es in "Die gekaufte Prüfung" um die Schwarzmarktzeit, ebenso wie es in dem Wolburg-Fragment nur vordergründig um die Inflationszeit ging. Worum es vor allem geht, ist Eichs Mitwirken im Rundfunk der NS-Zeit, speziell bei der weitaus beliebtesten, bekanntesten und mit 75 Sendungen umfangreichsten Funkserie des Dritten Reiches, dem "Deutschen Kalender. Monatsbilder vom Königswusterhäuser Landboten", die von 1933 bis 1940 zur besten Sendezeit lief.
5/2015 | zum Text


RICHARD SCHROETTER "Wir ahnten nicht, was kommen würde". Gespräch mit Victor Brombert
SCHROETTER: Haben Sie sich im Krieg jemals etwas geschworen, falls Sie das alles überleben würden?
BROMBERT: Nur für den Fall, daß ich diesen oder jenen Moment überlebe. Beten konnte ich nicht, aber ich schwor zum Beispiel, daß ich mich nie beklagen würde, falls ich überlebe. Natürlich habe ich nicht Wort gehalten.
6/2009 | zum Text

weiter...



Träume, Taggedanken und Visionen


MARGUERITE YOURCENAR Träume und Schicksale
Seit meiner Jugend (an Kinderträume kann ich mich bis auf zwei oder drei kaum erinnern) begleitet mich durch mein nächtliches Leben ein Dutzend verstörender oder gütiger Träume, die wie musikalische Motive erkennbar und wie diese unendlich variierbar sind.

6/2009
| zum Text

PAUL GURK Die Vision des Paul Gurk von den Wolken. Mit einer Vorbemerkung von Gernot Krämer
Sehr gegen meinen Wunsch erscheinen meine Bücher, wenn sie die gehörige Länge haben, als Romane. Ich schreibe keine Romane. Mir ist das viel zu langweilig, wenigstens soweit das in der heute üblichen Technik geschieht. (...) Ich arbeite aber mit Visionen und habe demgemäß die Blitzlichtaufnahme, die Röntgenaufnahme.

2/2019
| zum Text

WILLIAM BECKFORD Träume, Taggedanken und Wechselfälle des Lebens. Reise durch Deutschland (1780). Mit einer Vorbemerkung von Gernot Krämer
Visionen umspielen mich, und in feierlichen Augenblicken verfalle ich in poetische Trance. (...) Diejenigen, die ich liebe, sind abwesend. Einsam und verlassen suche ich Zuflucht in Luftgesprächen und rede mit Geistern, deren Stimmen im Sturmwind murmeln.
4/2018 | zum Text

weiter...



Phantasiereisen

TOMÁS GONZÁLEZ Reise an die Küste
Am nächsten Tag räumten Mutter und Tochter das Bett und die anderen Möbel aus dem Zimmer, von dem man auf die Mangobäume und die Gartenmauer dahinter schaute, und stellten zwei Reihen Stühle auf – so wurde es zum Eisenbahnwagen.
5/2013
| zum Text


MICHELLE LEGRO Eine Reise nach Japan in sechzehn Minuten. Sadakichi Hartmann und sein Kunstwerk der Düfte
Jahrelang ging ihm ein Duft nicht aus dem Sinn – eher die Idee eines Duftes, ein leiser Hauch, der sich in der kühlen Nachtluft verflüchtigt. Dieser ließ Kontinente zusammenschmelzen und erlaubte ihm, wie ein über Eis schlitternder Schädel unermeßliche Ozeane zu überqueren. Er nannte diesen Duft sein "Parfümkonzert", die reinste ästhetische Erfahrung in seinem der Ästhetik gewidmeten Leben. Und dieser Duft trug ihn nach Hause.
6/2014 | zum Text


ROBERT LOUIS STEVENSON Über das Genießen unangenehmer Orte
Aus einem beliebigen Ort das Beste zu machen ist schwierig, und vieles liegt in unserer Macht. Was man geduldig Seite für Seite betrachtet, zeigt am Ende gewöhnlich auch eine, die schön ist. Vor ein paar Monaten wurde im "Portfolio" etwas über "enthaltsame Lebensführung in einer Scenerie" gesagt und solche Selbstzucht sodann als "heilsam und den Geschmack kräftigend" empfohlen. Das ist gleichsam der Text des vorliegenden Essays.
2/2017 | zum Text

weiter...



Kennen wir uns? - Vom Glück des Wiederlesens.

KURT R. EISSLER Über das Wiederlesen großer Werke
Es dauert Generationen, ehe die Bedeutung eines Kunstwerks auch nur annähernd erkannt ist, da jede Epoche sie neu zu entdecken scheint. Wahrhaft große Kunst ist womöglich unergründlich, so daß ihre Interpretation nie ein natürliches Ende hat. Die Bedeutung eines Werkes läßt sich schon an der Wirkung bemessen, die mehrere Begegnungen mit ihm haben. Ich jedenfalls glaube, daß die Wirkung einer einzelnen künstlerischen Erfahrung noch nichts besagt.
4/2008 | zum Text


MARC FUMAROLI Beim Wiederlesen von Mario Praz
Es bedurfte des ganzen Ansehens, das ihm die grenzenlose Bewunderung der anglo-amerikanischen Welt für seine Bücher und die Freundschaft etwa eines T.S.Eliot oder Edmund Wilson eintrugen, um die öffentlich bezeugte Abneigung Benedetto Croces zu kompensieren, des italienischen Literaturpapstes der Zwischenkriegszeit, der kein Buch von Praz in seiner Bibliothek duldete und sich bekreuzigte, wenn man ihn erwähnte.
1/2010 | zum Text


ADAM ZAGAJEWSKI Aleksander Wats Erinnerungen, nach Jahren wiedergelesen
Wats Buch war eine Sensation; zugänglich nur in einer kleinen Anzahl von Exemplaren (bis es im Samisdat in weniger eleganter, aber zugänglicherer Form erschien), wurde es von Hand zu Hand weitergereicht, nachts verschlungen, eilig und in angespannter Konzentration; in unterschiedlichen Städten bildeten sich Schlangen von Menschen, die auf das Buch warteten und darüber diskutierten.
6/2014 | zum Text

weiter...



Lob des Arztes

EMMANOUIL ROIDIS Lob der Krankheit
Wahrscheinlich wirst du, lieber Leser, schon bei der Überschrift dieses Artikels mit den Achseln zucken und ausrufen: "Dummes Zeug!" Allerdings wohl nicht, wenn du mal schwer krank warst und noch daran denkst, was du damals empfandest.
3/2008 | zum Text


DIETER JANZ Souveränität ist, nichts für Zufall zu halten. Gespräch mit Sebastian Kleinschmidt und Matthias Weichelt
Aus der biographischen Einbettung der Krankheit ergibt sich, daß der Mensch ein zeitgebundenes Wesen hat. Auch Krankheit hat daran teil. Zeitgebundenheit der Krankheit bedeutet, daß durch die Behandlung keine Restitution des vor der Krankheit herrschenden Zustandes erfolgt, daß Heilung nicht heißt: nach der Krankheit ist vor der Krankheit.
2/2011 | zum Text


MARTIN GUMPERT Lebenserinnerungen eines Arztes. Autobiographische Aufzeichnungen. Mit einer Vorbemerkung von Jutta Ittner
Gumperts Lebenswerk ist sowohl für die Literatur- und Kulturwissenschaften als auch für die Medizingeschichte eine Fundgrube. Thomas Mann beschreibt in seinem Vorwort zu Gumperts "First Papers" die Doppelexistenz von Arzt und Schriftsteller als aufs natürlichste in seiner Person vereinigt. (Gumperts berühmter Kollege Alfred Döblin betonte hingegen, der Dichter seines Namens sei dem Arzt eigentlich gar nicht bekannt.)
4/2018 | zum Text

weiter...



Das Ohr am Radio und das Hören in die Ferne

CÉCILE WAJSBROT Wieder eine Nacht
Und jetzt aufstehen, lautlos, um meinen Gefährten nicht zu wecken – so lautlos, als beginge ich einen Verrat, ließe unser gemeinsames Leben hinter mir –, und das Gefühl der Einsamkeit überwinden, indem ich mich am anderen Ende der Wohnung aufs Gästebett lege, wo ich Radio hören kann. Auf wie vielen Betten habe ich so gelegen, nicht gerechnet die Einzelbetten und die halb oder ganz genutzten Doppelbetten in Hotelzimmern, die nach Norden oder Süden gingen, in Paris, Berlin, Sofia, New York, Lwow, Aix-en-Provence, Seoul – harte und weiche Matratzen, Schlafmöbel, die zu Arenen eines gnadenlosen Kampfes wurden, zwischen Bewußtsein und Müdigkeit, zwischen gewesener oder kommender Anspannung und einem Loslassen, das nah und doch unmöglich ist.
6/2009 | zum Text


KLAUS REICHERT Adorno und das Radio
Wer als junger Mensch in den fünfziger Jahren anfing, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, dem boten sich dafür zwei sehr unterschiedliche Möglichkeiten: die Schule, obwohl damals noch ein reiner Paukbetrieb und für die Entwicklung geistiger Fähigkeiten eher hinderlich, und, andererseits, das Radio.
4/2010 | zum Text


ANNE DORN Verlust
Und dann der Druck meines Zeigefingers der linken Hand auf den Startknopf des kleinen Radios mit Standardeinstellung WDR III.
"Nachrichten. Es ist fünfzehn Uhr. Soeben ist das Historische Archiv der Stadt Köln in sich zusammengestürzt."

6/2010
| zum Text

weiter...



[zum Auftakt]

SIBYLLE LEWITSCHAROFF Steine, die fliegen, Worte, die fallen. Literatur und menschliche Schuld
Nicht der Ostwind, nicht der Westwind, nicht Nord- noch Südwind haben mir die folgenden Ideen zugeweht oder ihnen zumindest aufgeholfen, vier Herren (...)
Heft 2/2010 | zum Text


KLAUS DEMUS Ansichten der Natur. Gedichte
NACHTFLUG über dem großen
transatlantischen Kontinent:
(...)
Heft 4/2007zum Text


CLAUDE LÉVI-STRAUSS Die westliche Kontamination. Gespräch mit Boris Wiseman
BORIS WISEMAN: Sie gelten heute als Klassiker, und nicht selten reiht man Sie unter die größten Denker unserer Zeit ein. Was bedeutet Ihnen das? (...)
Heft 2/2009 | zum Text

weiter...